CSI IV-Stelle Aargau

Allüberall quer durch die Schweiz werden sie dieser Zeit veröffentlicht: Die Geschäfts- oder Jahresberichte der kantonalen Sozialversicherungs-anstalten. Jahresberichte dienen einerseits dazu, der übergeordneten Instanz (in diesem Falle dem BSV) «Bericht zu erstatten» andererseits sind sie aber auch ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit. Nicht umsonst wird bei solchen Publikationen meist grossen Wert auf eine visuell ansprechende Gestaltung gelegt. Denn Jahresberichte haben vor allem ein Ziel: Das Unternehmen oder die Institution im allerbesten Licht darzustellen.

Und wie stellt man nun die Arbeit einer IV-Stelle ins beste Licht? Konsultieren wir dazu doch mal eine aktuelle Stellenausschreibung der IV-Stelle Aargau, die mit folgenden Worten beginnt: «Das erste Ziel der Invalidenversicherung ist es, behinderte Personen soweit zu fördern, dass sie ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise aus eigener Kraft bestreiten und ein möglichst unabhängiges Leben führen können(…)»

Da denkt man sich doch, das klingt nach einem ganz vernünftigen ersten Ziel von so einer IV-Stelle. Die dürften keine Probleme haben, das in ihrem Jahresbericht positiv darzustellen Die IV-Stelle Aargau schreibt denn: «In der  Arbeitsvermittlung haben wir es mehrheitlich mit Versicherten zu tun, die aus verschiedenen Gründen erschwert vermittelbar sind.» Oh… die IV-Stelle hat es also tatsächlich mit Menschen zu tun, die «erschwert vermittelbar sind»? Na, wer hätte das gedacht…?

Und weiter: «Der Eingliederungserfolg ist stark vom Versichertenprofil und auch von einer günstigen Wirtschaftsstruktur abhängig.» Also die IV selbst, die kann da eigentlich nicht so wirklich viel zum Eingliederungserfolg beitragen (aka «Wir waschen unsere Hände in Unschuld»)? Hm, dafür, dass man sich Eingliederungsversicherung nennt, ist das aber kein so überzeugendes Statement. Die IV-Stelle Aargau weiss aber schon, was von ihr verlangt wird und konstatiert: «Die hohe Zahl der beruflichen Massnahmen, die ergriffen worden sind, sprechen für eine erfolgreiche Umsetzung des Grundsatzes «Einglie-derung vor Rente»; wir haben 651 Massnahmen der Frühintervention und 655 Integrationsmassnahmen zugesprochen». Über den wirklichen Erfolg dieser Massnahmen ist nichts zu lesen. Massnahmen alleine bedeuten aber noch lange keine tatsächliche Eingliederung.

Das macht aber nichts, denn das alles ist für die IV-Stelle Aargau sowieso unwichtiges Nebengeplänkel. Denn die wahren Erfolge, die, die gross hervorzuheben sind, die erzielt sie auf einem ganz anderen Gebiet: Der unerschrockenen Jagd nach Versicherungsbetrügern. 234 Verdachtsfälle wurden untersucht, 13 Observationen durchgeführt und 24 Renten daraufhin gestrichen oder reduziert. Im gesamten Bericht ist natürlich nirgends die Gesamtanzahl der IV-Bezüger im Kanton Aargau aufgeführt, auf dass bloss keiner auf die Idee kommt, die 24 Betrüger in Relation zu den um die 17 526 IV-Bezügern (Zahl von 2009) zu setzen.

Welches Gewicht dieser Thematik beigemessen wird, zeigt sich auch anhand der folgenden Statistik, wie oft welche Worte im gesamten Jahresbericht erwähnt wurden:

behindert/Behinderung: 3
Missbrauch/Versicherungsmissbrauch: 6
Betrugsbekämpfung: 4
Observation: 6
Verdacht/Verdachtsfälle: 6

Die Aargauer Zeitung übernimmt die Betrugsberichterstattung natürlich mit Handkuss und schreibt, dass «die Aargauer Behörden die IV-Bezüger an die Kandare» (Bitte…wie?!?) nähmen. Auch die Ablehnungsquote von 54,6 Prozent bei den Neurenten wird im Artikel erwähnt, ganz so, wie sich das die Verfasser des Jahresbericht gewünscht hatten, die schrieben: «Der Auditbericht (des BSV) attestiert der IV-Stelle eine grosse Leistung(…) Die Neurentenquote ist tief, wesentlich besser als der schweizerische Durchschnitt».

Und stolz ist man bei der IV-Stelle Aargau auch darauf, dass man zwischen 2005 und 2010 insgesamt 2 324 Renten aufgehoben und 1 327 Renten reduziert hat. Macht pro Jahr rund 610 aufgehobene/reduzierte Renten. Da man 2010 nur 24 Betrüger gefunden hat, müssen die restlichen 586 ernsthaft krank gewesen sein und sind es nun nicht mehr. Toll. Rüebli sind halt schon schampar gesund.

Oder aber es könnte vielleicht auch daran liegen, dass man so hin und wieder ein paar IV-Bezüger ins benachbarte Bern zur Begutachtung geschickt hat. Stand doch gestern im Newsnetz: «Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau beurteilte die Qualität des Experten im Juli 2010 anders. Brinkmann hatte mit einem Gutachten erreicht, dass die IV einem Klienten die zuvor zugesprochene Rente wieder aberkannte. Dagegen klagte dieser. Die Richter befanden, Brinkmanns Bericht sei «keine fundierte Auseinandersetzung mit den in der Vergangenheit diagnostizierten psychischen Krankheiten zu entnehmen». Es könne deshalb «keineswegs auf die Aussagen von Dr. Brinkmann, dessen fachliche Qualitäten nicht ausgewiesen sind, abgestellt werden».