Social(media)-Kompetenz der Pro Infirmis: Zero points

tl; dr Man muss als «grösste Fachorganisation der Schweiz für Menschen mit Behinderung» nicht auf Kritik einer Bloggerin reagieren, aber wenn man’s tut, wirft ein öffentliches «Fuck you» nicht unbedingt das beste Licht auf die Organisation.

Ich kann gut verstehen, dass man bei der Pro Infirmis nicht sehr erfreut ist über meinen letzten Artikel. «Man muss sich doch nicht von einer Bloggerin belehren lassen, wo man doch mit diversen Werber-Preisen (nicht nur dem Effie) geadelt worden ist!» dachte man sich wohl in der Socialmedia-Abteilung und retweetete als Reaktion auf meinen Blogartikel folgende zwei Tweets dazu (es sind btw. die einzigen negativen unter weit mehr positiven):

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(Für nicht-Twitter-User: die Retweets sehen alle Follower der Pro Infirmis)

Für dieses kommunikationstechnisch suboptimale Verhalten in den Socialmedia gibt’s (Trotz allen Werber-Preisen): Zero points. Für eine mit 42Mio-Bundesgelder pro Jahr subventionierte Organisation ist eine solche Reaktionen schlicht unprofessionell und unangebracht. Auch wenn blöde Bloggerinnen blödes Zeug schreiben. Die blöden Bloggerinnen dürfen das, weil sie nämlich keine 42 Mio Bundesgelder bekommen und auch keine Meinung ausser der ureigensten vertreten. Darum darf ich als Privatperson dummes Zeug schreiben und die PI als Organisation sollte – wenn sie denn schon reagiert – besonnen reagieren.

Wenn die Pro Infirmis schreibt: «Die Aktion von Pro Infirmis (…) regt zum Nachdenken über die Akzeptanz von Menschen mit Behinderung an.» Und man genau das dann – öffentlich – tut: nämlich Nachdenken über die Kampagne und die Pro Infirmis – die dieses «Nachdenken» ja auch einfach hätte ignorieren können – mit einer Art «Fuck you» reagiert (das man dann sogar noch von Dritten entlehnt), sagt das schon was aus. Und zwar nichts Gutes über die Art und Weise wie man meint, die Meinungshoheit darüber haben zu wollen, wie über Behinderung (und Behindertenorganisationen) öffentlich nachgedacht werden darf.

Würde man an irgend eine Firma in der freien Wirtschaft eine öffentliche Kritik richten (sagen wir mal an die Migros) kriegen Sie von der Migros garantiert keine «Fuck you»-Antwort, sondern – und mag das unter noch so grossem Zähneknirschen der zuständigen Medienverantwortlichen/Sachbearbeiterin geschehen – ein «Wir bedanken uns für Ihre Kritik und werden das prüfen/besprechen/wasauchimmer». Und noch besser kommt es, wenn der Kunde dann auch sieht, dass seine Kritik tatsächlich ernstgenommen und umgesetzt wird (Grössere Schrift auf einer Verpackung, Chriesi fürs Joghurt nur noch aus artgerechter Haltung ect.).

Ein solch arrogant-unprofessionelles Verhalten wie dasjenige der Pro Infirmis kann man sich heutzutage wirklich nur noch als eine vom Bund subventionierte Organisation geschützte Werkstätte leisten, die sich nach wie vor als Bevormundungs-Organisation (und wer nicht spurt kriegt eins auf’s Maul) und nicht als Dienstleistungsanbieter für Menschen mit Behinderungen versteht.

Auf Kritik öffentlich mit «Fuck you» reagieren? Deutlicher hätte man die in meinem letzten Artikel angetönte von-oben-herab-Haltung der Pro Infirmis wirklich nicht bestätigen können.

Ich glaube, ich habe jetzt etwas oft den Ausdruck «Fuck you» benutzt. Entschuldigung.